Steigende Temperaturen, schmelzendes Eis, Dürren oder Überschwemmungen: Die gravierenden Folgen des Klimawandels sind schon heute überall auf der Welt spürbar. Durch sogenannte Klima-Rückkopplungseffekte verstärken sich diese Veränderungen gegenseitig und der Klimawandel schreitet noch schneller voran. Wir stellen euch neun dieser Effekte vor.
Eis-Albedo-Rückkopplung: Teufelskreis an den Polkappen
Die Eis-Albedo-Rückkopplung ist ein selbstverstärkender Klimaeffekt, der die Eisschilde des Planeten aufheizt und schmilzt. Die Albedo ist der Anteil des Sonnenlichts, der von der Erdoberfläche ins Weltall zurückgeworfen wird. Dunkle Oberflächen haben eine geringe Albedo: Sie nehmen große Teile des Lichts und der darin enthaltenen Wärmeenergie auf. Helle Oberflächen wie Eis und Schnee haben eine hohe Albedo, werfen viel Licht zurück und absorbieren nur einen kleinen Teil der Wärme.
Das Problem: Bringt der Klimawandel das Polareis zum Schmelzen, legt das tiefere, dunklere Eisschichten frei. Dieses Eis absorbiert mehr Sonnenlicht, wärmt sich also stärker auf. Das führt zu mehr Eisschmelze, was wiederum die Albedo verringert und so weiter. Ein Teufelskreis, der ab einem gewissen Punkt unumkehrbar ist.
Physikalische Kohlenstoffpumpe: der Ozean als CO₂-Speicher
Ozeane nehmen CO₂ an der Oberfläche auf, zum Beispiel durch Wirbel oder Strömungen, und transportieren es in tiefere Schichten. Dort kann es über Hunderte Jahre gespeichert werden. Bis zu zwei Milliarden Tonnen CO₂ pro Jahr kann das Meer auf diese Weise aufnehmen. Dieser Prozess wird als „physikalische Kohlenstoffpumpe“ bezeichnet. Doch dieses Wunder der Natur ist durch den Klimawandel bedroht.
Mit dem Temperaturanstieg durch den Klimawandel verändern sich die Weltmeere. Die oberen Wasserschichten vermischen sich weniger mit den kälteren, tieferen Schichten. Die globalen Strömungen verändern sich. Durch die Eisschmelze ist weniger Salz im Wasser. All das verringert die Wirksamkeit der physikalischen Klimapumpe. Denn wenn weniger CO₂ in der Meerestiefe gespeichert wird, gelangt mehr CO₂ in die Atmosphäre. Der Klimawandel beschleunigt sich.
Biologische Kohlenstoffpumpe: das Plankton-Problem
Phytoplankton sind winzige Algen, die an der Meeresoberfläche schweben und eine wichtige Rolle für unser Klima spielen. Wie andere Pflanzen ziehen sie zur Photosynthese CO₂ aus der Atmosphäre – vermutlich mehr als alle Regenwälder zusammen. Wird das Phytoplankton von anderen Meeresbewohnern gefressen und ausgeschieden, sinkt das gebundene CO₂ als „Meeresschnee“ in die Tiefe und wird dort gespeichert. Expert*innen nennen das biologische Kohlenstoffpumpe.
Der Klimawandel bringt die Kohlenstoffpumpe aus dem Gleichgewicht. Steigende Wassertemperaturen und zunehmende Versauerung hemmen die Vermehrung des Phytoplanktons, wodurch es weniger CO₂ aufnimmt. So bleibt das Treibhausgas in der Atmosphäre und verschärft die globale Erwärmung. Zudem dient das Plankton vielen Fisch- und Walarten als Nahrungsquelle. Sein Verschwinden hätte für diese Tiere dramatische Folgen. Bislang sind die Auswirkungen und Zusammenhänge noch zu wenig erforscht – doch die Aussichten sind düster.
Tauende Permafrostböden: gefährliche Gase aus dem Boden
Permafrostböden, auch Dauerfrostböden genannt, treten vor allem in Polarregionen oder hohen Gebirgen auf. Der Frost kann dabei mehrere Meter tief reichen – in Zentralsibirien wurden bis zu 1,5 km tiefe Eisschichten gemessen. Neben Eis setzt sich der Untergrund aus Gestein, Erde und Kohlenstoff zusammen. Laut Schätzungen sind in den Permafrostböden bis zu 1600 Gigatonnen CO₂ und Methan gespeichert – mehr als doppelt so viel wie in der gesamten Atmosphäre. Durch die Klimaerwärmung tauen die Böden auf und die katastrophale Spirale beginnt: Die austretenden Gase heizen das Klima weiter auf, wodurch immer tiefere Eisschichten schmelzen und weiteres Treibhausgas freisetzen. Auch für besiedelte Gebiete ist das gravierend: Der vorher steinharte Untergrund wird locker und instabil. Straßen sinken ab, Häuser stürzen ein oder ganze Berghänge rutschen ins Tal.
Wasserdampf: fatale Verdunstung
Oft ist es uns nicht bewusst, aber das wichtigste Treibhausgas in der Atmosphäre ist nicht Kohlendioxid oder Methan, sondern Wasserdampf. Er trägt zwei- bis dreimal mehr zum natürlichen Treibhauseffekt bei als CO₂. Da der größte Teil des Wasserdampfs aber nicht von Menschen verursacht wird und nur kurz in der Atmosphäre bleibt, spielt er normalerweise bei der langfristigen Erderwärmung keine große Rolle. Das ändert sich jedoch durch den Klimawandel. Da wir Menschen die Atmosphäre aufheizen, steigt auch die Lufttemperatur. Wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen, wodurch in Seen, Flüssen und Ozeanen mehr Wasser verdunstet als üblich. In der Atmosphäre verstärkt dieser zusätzliche Dampf den Treibhauseffekt, was wiederum zu wärmerer Luft und mehr Feuchtigkeitsaufnahme führt. Ein Teufelskreis.
Rückgang der Regenwälder: die grüne Lunge kollabiert
Bislang galten Regenwälder als grüne Lunge der Erde und wichtige CO2-Senken: Die Bäume binden Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre und nutzen es für die Photosynthese. Schätzungen zufolge sind in unseren Regenwäldern derzeit rund 250 Milliarden Tonnen CO2 gespeichert, 370-mal mehr als Deutschland in einem Jahr verursacht. Doch dieser Effekt lässt drastisch nach: Laut einer Langzeitstudie haben die Regenwälder in den letzten Jahren knapp 30 Prozent ihrer Speicherfähigkeit verloren – Tendenz steigend. Hitzewellen, Dürren und Brände führen dazu, dass die Bäume verdorren und absterben. Hinzu kommen großflächige Rodungen. In all diesen Fällen setzen die Bäume ihr gespeichertes CO2 wieder frei. Besonders spürbar wird das im Amazonas-Regenwald – bis 2035 prognostiziert die Studie sogar eine Speicherfähigkeit nahe Null. Geht das so weiter, geben die Regenwälder bald mehr CO2 ab als sie binden. Statt ihn zu bremsen, würden sie den Treibhauseffekt dann sogar beschleunigen.
Baumsterben: Verschiebung der Klimazonen
Der globale Temperaturanstieg führt zu veränderten Wetter- und Niederschlagsmustern und damit zu einer Verschiebung der Klimazonen. Gebiete, die bisher als tropisch galten, können etwa subtropisch werden.
Diese Verschiebungen wiederum haben erhebliche Auswirkungen auf Bäume und Waldökosysteme, da sich wichtige Ereignisse im Lebenszyklus, wie z. B. die Wasserverfügbarkeit, verschieben. Bäume sind an bestimmte Klimabedingungen angepasst, und Veränderungen der Temperatur, des Niederschlags und anderer Klimafaktoren können sich auf ihr Wachstum, ihr Überleben und ihre Fortpflanzung auswirken. Beispielsweise kann Trockenheit Bäume schwächen, sie anfälliger für Schädlinge und Krankheiten machen und zum Absterben führen. Es kann häufiger zu Waldbränden kommen.
Ausgetrocknete Moore: die Kohlenstoffsenken verdursten
Moore sind nicht nur ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere, sondern vor allem einer der effektivsten Kohlenstoffspeicher der Erde. Bis zu einem Drittel des Kohlenstoffs sind in unterirdischen Torfschichten gespeichert – doppelt so viel wie in allen Wäldern der Welt. In den letzten Jahrhunderten wurde ein Großteil der Moorflächen jedoch trockengelegt, um sie für Siedlungsbau und Landwirtschaft zu nutzen. Das Problem: Durch die Entwässerung kommen die Torfschichten in Kontakt mit Sauerstoff und der enthaltene Kohlenstoff oxidiert. So gelangt er als CO2 in die Atmosphäre. Alleine in Deutschland verursachen trockengelegte Moore jährlich fünf Mal mehr Treibhausgase als Inlandsflüge. So darf das nicht weitergehen! Die Flächen müssen schnell wieder verwässert und geschützt werden, damit das Ökosystem Moor wieder zur Kohlenstoffsenke wird. Mittlerweile hat das auch die Bundesregierung erkannt und erste Maßnahmen für den Moorschutz auf den Weg gebracht.
Methan-Hydrat in der Tiefsee: Zeitbombe am Meeresboden
Methan-Hydrat sieht aus wie gefrorenes Eis und kommt vor allem in der Tiefsee vor. Es bildet sich aus Methan und Wasser bei kalten Temperaturen und hohem Druck ab 200 Meter Wassertiefe. Durch die Erderwärmung wird die Substanz instabil und das Methan entweicht. Manche Forscher*innen hoffen, Mikroorganismen im Meeresboden und Wasser könnten das Methan unschädlich machen, indem sie es zu Bikarbonat oder Kohlendioxid umwandeln. Im schlimmsten Fall könnte das Methan jedoch in großen Mengen in die Atmosphäre entweichen und den Treibhauseffekt drastisch befeuern.
Wenn eins zum anderen führt
Vom Plankton über Moore bis zum Regenwald: Unsere Erde besteht aus vielen kleinen Bausteinen, die miteinander verknüpft sind. Schon kleinste Veränderungen können dieses Gleichgewicht stören – und nicht nur durch die Klima-Rückkopplungseffekte zu einem gefährlichen Teufelskreis führen. Viele Auswirkungen und Zusammenhänge sind bislang noch unerforscht. Es zeichnet sich jedoch ein klares Bild ab: Ist das Gleichgewicht erst einmal aus dem Lot, wird es immer schwieriger, es wiederherzustellen.