Wo Rezyklat drauf steht, ist auch Rezyklat drin? Bei der Massenbilanzierung ist das nicht unbedingt der Fall. Dennoch versucht aktuell vor allem die Chemie-Lobby, das Verfahren beim EU-Parlament salonfähig zu machen. Wir erklären euch, warum das dem Recycling und der Kreislaufwirtschaft schadet.
Was steckt hinter dem Begriff Massenbilanz?
Das Massenbilanzverfahren ist ein Ansatz, um die Herkunft von Rohstoffen zu dokumentieren. Nachhaltige und konventionelle Rohstoffe werden dabei im Produktionsprozess vermischt. Im einzelnen Endprodukt ist dann nicht mehr nachvollziehbar, zu wie viel Prozent es tatsächlich aus nachhaltigen Rohstoffen besteht.
Wo wird das Prinzip bereits angewendet?
Massenbilanzierung wird in vielen Industriezweigen genutzt, zum Beispiel in der Kakaoindustrie: In ihren Produkten vermischen Schokoladenhersteller häufig zertifizierten (also nachhaltig hergestellten) und nicht-zertifizierten Kakao. Somit ist zwar klar, dass die Gesamtmenge der hergestellten Schokolade einen gewissen Anteil zertifizierten Kakao enthält – wie viel das im Einzelfall genau ist, bleibt aber unklar. So kann es sein, dass eine Tafel Schokolade zu 75 Prozent aus zertifiziertem Kakao besteht, eine andere dafür gar keinen enthält. Trotzdem dürfen beide Produkte damit werben, mit Zertifikatskakao hergestellt worden zu sein.
Was bedeutet das für das Kunststoffrecycling?
In der Kunststoffindustrie soll die Massenbilanzierung auf recycelte Materialien angewendet werden: Unternehmen kaufen einen gewissen Anteil Rezyklate und einen gewissen Anteil Virgin-Plastik. Am Ende erkennt man nicht mehr, wie viel recycelter Kunststoff im Endprodukt enthalten ist – und auch nicht mehr, mit welchem Verfahren das recycelte Material gewonnen wurde. Vor allem die Lobby der Chemie-”Recycler” arbeitet aktuell daran, auf EU-Ebene die Massenbilanzierung für den Einsatz recycelter Kunststoffe durchzusetzen.
Warum ist das problematisch?
Mit dem Massenbilanzverfahren wird der Einsatz recycelter Kunststoffe völlig intransparent. So könnte ein Unternehmen behaupten, seine Verpackungen enthielten Rezyklat, obwohl sie komplett aus Neumaterial bestehen und das Recyclingmaterial in Wahrheit für etwas vollkommen anderes genutzt wurde (etwa für Downcyclingprodukte). Im schlimmsten Fall könntet ein Unternehmen Rezyklat kaufen und es zur Energiegewinnung verfeuern. Rezyklatanteil in den Produkten = 0. Nach dem Massenbilanzprinzip darf das Unternehmen trotzdem einen Recyclinganteil für seine Verpackungen und Produkte ausweisen.
Das ist ganz klar Greenwashing! Das Verfahren macht es aber unmöglich, Marketingphrasen von echten Nachhaltigkeitsbemühungen zu unterscheiden. Das Nachsehen haben Unternehmen, die wirklich nachhaltiger wirtschaften, viel Geld in die Entwicklung ihrer Produkte stecken und somit höhere Herstellungskosten haben.
Warum will besonders die Pyrolyse-Lobby die Massenbilanz?
Chemisches “Recycling” ist energieintensiv, ineffizient und erzeugt giftige Nebenprodukte. Da hier Altplastik wieder zu Öl zerkocht wird, handelt es sich eigentlich nicht um echtes Recycling! Unternehmen, die chemisches “Recycling” betreiben, dürfen ihre Produkte nach dem Massenbilanzansatz aber trotzdem als recycelt bezeichnen und stehen damit unberechtigterweise auf einer Stufe mit hochwertigem mechanischem Recycling. Das kommt der Chemie-Lobby selbstverständlich entgegen.
Deshalb sind wir ganz klar gegen Massenbilanzierung! Wie viel Rezyklat ein Artikel wirklich enthält, muss weiterhin klar erkennbar sein. Nur so können Verbraucher*innen nachhaltige Kaufentscheidungen treffen.
Um unser Klima zu schützen, müssen wir dringend unsere Treibhausgasemissionen senken. Wir erklären euch, wie hochwertiges Kunststoffrecycling dazu beitragen kann.
Recycling-Fragen, einfach erklärt
Es gibt viele Fragen zum Recycling: Wie viel Müll im Gelben Sack wird recycelt? Kann Plastik wirklich im Kreislauf geführt werden? Was ist der Unterschied zwischen Down- und Upcycling? In dieser Rubrik gehen wir auf die vielen Fragen in Social Media ein und beantworten sie kurz und verständlich. Eure Fragen könnt ihr uns bei Instagram, Facebook oder einfach per E-Mail stellen.