Energie und Rohstoffe Mit Kreislaufwirtschaft raus aus der Rohstoffkrise

Die Kreislaufwirtschaft rettet die Umwelt und das Klima. Am besten funktioniert das, wenn wir Verwertungskreisläufe regional organisieren, um weite Transportwege zu vermeiden. Der zusätzliche Vorteil dabei: Es macht uns unabhängiger von internationalen Lieferketten und Rohstoffimporten.

Wer Kreislaufwirtschaft hört, denkt an Recycling. An sinnvoll wiederverwertetes Plastik. An Ressourcenschonung. Und an Klimaschutz durch langlebige, wiederverwendbare Produkte. All das ist vollkommen richtig. Doch die Kreislaufwirtschaft bietet noch mehr: Sie schützt auch unsere Wirtschaft. Denn Umweltschutz und Wirtschaftsschutz sind zwei Seiten derselben Medaille.

Die aktuell vorherrschende Linearwirtschaft überzieht unseren Planeten mit einer Spur der Verwüstung. Machen wir so weiter, wird sich laut der OECD unser Rohstoffverbrauch in den kommenden 40 Jahren verdoppeln. Gleichzeitig wächst das globale Abfallaufkommen um 70 Prozent.

Diese Abfälle werden fast überall auf der Welt einfach verbrannt. Wertvolle Rohstoffe gehen so für immer verloren, müssen energieintensiv neu hergestellt werden und belasten so das Klima. Die Kreislaufwirtschaft, in der Produkte repariert, wiederverwendet oder recycelt werden, würde dieser Verschwendung ein Ende setzen. 

Besonders effizient und klimaschonend sind Materialkreisläufe, wenn sie möglichst regional organisiert sind und lange Transportwege vermeiden. Regional bedeutet allerdings nicht unbedingt klein. Im globalen Maßstab betrachtet wäre etwa die EU, als zusammenhängender Wirtschaftsraum mit eigenem Binnenmarkt, ein Beispiel für einen regionalen Verwertungskreislauf.

Kreislaufwirtschaft: Schluss mit der Abhängigkeit

Neben dem Umweltschutz hat die regional orientierte Kreislaufwirtschaft zahlreiche wirtschaftliche Vorteile. Der wichtigste ist die weitgehende Unabhängigkeit von Rohstoffimporten. Wenn Ressourcen vor Ort recycelt und wiederverwendet werden, müssen sie nicht importiert werden. Gerade in Krisenzeiten ist das ein wichtiger Faktor für eine widerstandsfähige Wirtschaft.

Wie störanfällig die global vernetzte Linearwirtschaft ist, haben wir in den vorigen Jahren erlebt:

  • Weltweite Corona-Pandemie: Als zu Beginn der Corona-Krise zahlreiche Länder die Grenzen schlossen, standen plötzlich viele Konsument*innen vor leeren Supermarktregalen. Gleichzeitig hatten eine Reihe von Branchen mit Rohstoff-Engpässen zu kämpfen. In vielen Betrieben stockte die Produktion, weil Materialien fehlten oder Teile nicht geliefert werden konnten. Die Lieferengpässe bestehen selbst zwei Jahre nach dem Ausbruch der Pandemie weiter fort. 
  • China drosselt den Export: China ist einer der größten Rohstoff-Exporteur der Welt. Seit 2021 ist der Außenhandel mit Rohstoffen allerdings deutlich ins Stocken geraten. In Europa führt das teils zu erheblichem Rohstoffmangel. Unter anderem stammen mehr als 85 Prozent des in Deutschland verarbeiteten Magnesiums aus China. Magnesium ist für viele Wirtschaftszweige wichtig, darunter die Automobil-, Stahl-, Elektro- und Verpackungsindustrie. Lieferengpässe können die komplette Produktion lahmlegen. 
  • Der Ukraine-Krieg: Als Russland im März seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine startete, schossen die Preise für Gas und Öl in die Höhe. Auch die Metallbörsen verzeichneten einen rapiden Preisanstieg, insbesondere bei Palladium, Aluminium und Nickel, die zum allergrößten Teil aus Russland stammen. Gleichzeitig sah sich die EU aufgrund der eigenen Energie-Abhängigkeiten nicht in der Lage, als Kriegssanktion einen Importstopp für russisches Gas zu verhängen.

Das Ende der Wegwerfgesellschaft

Mit einer umfassenden Kreislaufwirtschaft könnten diese Gefahren beseitigt werden. Zu diesem Schluss gelangt auch die europäische Politik: „Es ist höchste Zeit, dass wir das Modell der Wegwerfgesellschaft ad acta legen, das für unseren Planeten, unsere Gesundheit und unsere Wirtschaft so schädlich ist“, stellt EU-Klimaschutzkommissar Frans Timmermans fest.

Bereits 2020 hat die Europäische Kommission daher den Aktionsplan Kreislaufwirtschaft auf den Weg gebracht. Mit seiner Hilfe sollen europaweit Materialkreisläufe geschlossen und Unternehmen beim Übergang in die Kreislaufwirtschaft unterstützt werden.

Laut Berechnungen der EU könnten durch die geplanten Maßnahmen bis zu 40 Prozent der aktuell benötigten Ressourcen eingespart werden. Dieser geringere Materialbedarf vermindert die Abhängigkeit von Lieferanten und erhöht die Widerstandskraft der Unternehmen gegenüber schwankenden Rohstoffpreisen und brüchigen globalen Lieferketten.

Produkte für die Kreislaufwirtschaft
Im März 2022 konkretisierte die EU-Kommission ihren Aktionsplan mit Designvorschriften, die alle Produkte auf dem europäischen Markt für die Kreislaufwirtschaft optimieren sollen. Unternehmen müssen Produkte dann per Gesetz so gestalten, dass sie energie- und ressourceneffizient hergestellt werden können und wiederverwendbar, nachrüstbar und reparierbar sind. Zudem sollen sie sich leicht warten, aufarbeiten oder recyceln lassen.

Da in der Kreislaufwirtschaft viel weniger Produkte neu hergestellt werden müssen, gilt sie als sehr energiesparend. Nach Berechnungen der EU-Kommission sparen die neuen Maßnahmen jedes Jahr Energie im Gegenwert von rund 150 Milliarden Kubikmetern Erdgas. Das entspräche ziemlich genau der Menge, die Europa trotz des Ukraine-Kriegs weiterhin aus Russland importiert. Und das ist kein Zufall: Das Maßnahmenpaket sei “wichtig für den Green Deal und für unsere energiepolitische Souveränität”, sagt EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton. “Das ist ein wichtiges Element bei der Verringerung unserer Abhängigkeit von russischem Gas.“