Verbraucher*innen zweifeln zunehmend an den Nachhaltigkeitsbehauptungen von Unternehmen. Nicht ganz zu Unrecht, wie eine Studie zeigt. Mit strengen Regeln gegen Greenwashing will die EU das Vertrauen zurückgewinnen. Mehr
Die schlechte Nachricht zuerst: Die Müllmenge wächst. Und das trotz jahrelanger Bemühungen, Verpackungsgewichte zu reduzieren. Laut Statistischem Bundesamt produzierten die Deutschen 2015 rund 40 Millionen Tonnen Haushaltsmüll. Das sind 490 Kilogramm pro Kopf. 2006 waren es noch 454 Kilo pro Person.
Nun die gute Nachricht: Statt den Müll einfach zu verbrennen oder zu deponieren, wie viele andere europäische Länder, weiß Deutschland etwas damit anzufangen. Mit unserer Recyclingquote zählen wir in Europa zur Spitzengruppe, zusammen mit Österreich, den Niederlanden und der Schweiz. Besonders gut gelingt das Recycling bei Elektrogeräten, Papier und Biomüll. Bei Altplastik gibt es hingegen noch immer Nachholbedarf.
Aber warum wird nur rund die Hälfte der Kunststoffe aus dem Gelben Sack als Rohstoff für neue Plastikprodukte genutzt? Dafür gibt es mehrere Gründe.
- Ein Grund ist, dass viele Kunststoffe nicht rein genug sind. Um die gewünschten Verpackungseigenschaften zu enthalten, werden so viele Zusätze und Farbstoffe hinzugegeben, dass sie sich nicht vernünftig recyceln lassen. Zudem werden oft mehrere Kunststoffe für eine einzige Verpackung verwendet, die sich beim Recycling keiner bestimmten Plastiksorte zuordnen lässt.
- Bis zum Jahr 2019 lag die gesetzliche Recyclingquote für Kunststoff bei nur 36 Prozent. Um sie zu erfüllen, konnten die Recyclingfirmen lediglich die leicht zu verarbeitenden Stoffe aus der Sammlung fischen und den Rest dem Feuer zu überlassen. Investitionen in bessere Sortiertechnologie waren kaum nötig und wurden hintangestellt. Ernsthafte Innovationen, um Recyclingprozesse effizienter zu gestalten und mehr Verwertbares aus dem Müllstrom zu gewinnen, blieben so größtenteils auf der Strecke.
Unser Gründungsunternehmen Werner & Mertz stellt bereits seit Jahren unter Beweis, dass die sogenannten Inverkehrbringer von Plastikverpackungen einiges zu besserem Recycling beitragen können. Mit modernsten Technologien stellt der Öko-Pionier aus Mainz die Reinigerflaschen der Marke Frosch zu hundert Prozent aus recyceltem PET oder HDPE her. 2019 brachte das Unternehmen außerdem eine neue Duschgelflasche auf den Markt. Sie besteht ebenfalls aus HDPE, das komplett aus dem Altplastik im Gelben Sack gewonnen wurde.
Um nicht nur optimal zu recyceln, sondern auch die Recyclingfähigkeit der eigenen Produkte zu optimieren, haben die Verpackungsexperten von Werner & Mertz in jahrelanger Forschungsarbeit einen neuen Standbodenbeutel aus Monomaterial für Waschmittel und Reiniger entwickelt.
Er besteht zu hundert Prozent aus recyclingfähigem Polyethylen und lässt sich so gut wiederverwerten, dass fast das komplette Recyclat für funktionsgleiche Neuprodukte genutzt werden kann. Eine nachhaltige Recyclingwirtschaft zu etablieren, darf nicht das Projekt einzelner Idealisten bleiben. Trotz der Erfolge, die ambitionierte Vorreiter wie Werner & Mertz zu verzeichnen haben, braucht es das Zusammenspiel von Politik, Wirtschaft und Verbrauchern, um den Kreislauf für Kunststoffe zu schließen und hochwertiges Recycling im Wirtschaftsdenken unserer Zeit zu verankern.
Seit 2019 ist in Deutschland das Verpackungsgesetz in Kraft. Es ersetzt die bisher gültige Verpackungsverordnung und legt eine neue Recyclingquote fest. Bis zum Jahr 2022 wird sie für Kunststoffverpackungen schrittweise von 36 auf 63 Prozent angehoben, indem unter anderem der Einsatz von Recyclat finanziell belohnt wird. Allerdings gibt es ein Problem: Der Gesetzgeber macht keinen Unterschied zwischen teils schwer recycelbarem Enverbrauchermüll und leicht verwertbaren Industrieresten. Für die Verschmutzung des Planeten sind aber vor allem die stetig wachsenden Mengen des Verbrauchermülls verantwortlich. Einen wirklichen Nutzen für die Umwelt bringt nur das hochwertige Recycling jener Verpackungen, die vom Verbraucher in der Gelbe Tonne entsorgt werden. Das neue Gesetz bietet allerdings die Möglichkeit, die Recyclingquote durch die Verwertung von Industrieresten zu erfüllen. Die eigentlichen Probleme bleiben so ungelöst. Deshalb sollte im Verpackungsgesetz eindeutig zwischen Altplastik aus dem Gelben Sack und wiederverwerteten Industrieresten unterschieden werden.
Seit China Ende 2017 einen Importstopp für ausländischen Müll verhängt hat, verarbeiten die Europäer ihren Abfall größtenteils zuhause. In Deutschland bewirkt das einen regelrechten Aufschwung der Müllverwertungsindustrie. Für die plötzlich verfügbaren Müllmengen investieren Verwerter in neue Anlagen und bessere Technik, um effizienter hochwertiges Plastik-Recyclat aus den Wertstoffabfällen zu gewinnen. Recyclate sind in der Industrie sehr gefragt, weil sich mit ihnen Neuplastik teilweise komplett ersetzen lässt. Möglichst viele Recyclingfirmen sollten diesen Boom zum Anlass nehmen, ihre Technologie weiter zu verbessern. Denn nur so schaffen wir ein Recyclingsystem, mit dem sich flächendeckend der geschlossene Wertstoffkreislauf für Plastikprodukte realisieren lässt.
Um die realen Recyclingquoten zu erhöhen, müssen Verpackungen bereits so entworfen werden, dass sie möglichst gut recycelbar sind. Händler und Hersteller müssen ihre Verpackungen dafür nach den Prinzipien designen, die den „Design for Recycling“-Grundsätzen folgen. Sie müssen weniger verschiedene Plastiksorten verwenden und sich auf diejenigen beschränken, die sich gut wieder zu neuen Verpackungen recyceln lassen. Dafür sollte jede Verpackung aus Monoplastik bestehen, also nur eine einzige Sorte Plastik enthalten. Das Verpackungsgesetz setzt gezielte Anreize über ein Belohnungssystem: Wer recyclingfreundliche Verpackungen in Umlauf bringt, muss weniger Lizenzgebühren an die dualen Systeme zahlen. Aber: Dieses Bonus-Malus System muss endlich in Gang kommen. Hier ist wieder der Gesetzgeber gefragt.
Einen wichtigen Teil zu besserem Recycling kann der Handel beitragen. Indem sie ihre Kunden besser aufklären, helfen Unternehmen, nachhaltiges Denken in den Köpfen der Verbraucher zu verankern. Auch auf der Angebotsseite gibt es Verbesserungsbedarf. Viele Händler bieten Produkte an, deren Verpackungen sich nicht gut oder gar nicht recyceln lassen. Zudem sind viele Produkte in unnötig Plastik verpackt. Gerade bei Lebensmitteln etabliert sich der Trend, jede einzelne Portion separat zu verpacken. Händler müssen ihre Zulieferer in die Pflicht nehmen, Verpackungen für das Recycling zu optimieren und Plastik so sparsam wie möglich einzusetzen. Darüber hinaus sollten sie selbst bereit sein, in Nachhaltigkeit und nachhaltige Innovationen zu investieren.
Richtig trennen:
Verbraucher können zu einer höheren Recyclingquote beitragen, indem sie die richtigen Abfälle in den Gelben Sack werfen, statt das System mit falsch entsorgtem Müll zu belasten. Noch immer wissen viele Deutsche nicht genau, welche ihrer Abfälle in den Gelben Sack gehören. Gut ein Drittel sind Fehlwürfe, von Küchenabfällen über kleine Elektrogeräte bis zu benutzten Windeln. Ein weiteres Viertel des Abfalls besteht zwar aus Plastik, ist aber kein Verpackungsmüll und gehört daher nicht in den Gelben Sack. Dazu zählen Einwegrasierer, Zahnbürsten, Kleiderbügel oder Klarsichtfolien.
Richtig einkaufen:
Je mehr Unternehmen ihre Produktverpackungen für das Recycling optimieren, desto höher die reale Recyclingquote und der Nutzen für die Umwelt.
Deshalb sollten wir uns während und vor dem Einkauf darüber informieren, welche Hersteller ihre Verpackungen nach den Prinzipien der recyclinggerechten Produktgestaltung entwerfen. Am besten gleich nach Verpackungen suchen, die schon aus recyceltem Material bestehen und erneut recycelt werden können.