Kreislaufwirtschaft Social Plastic: Was es ist und was es bringt

Manche Unternehmen verwenden sogenanntes “Social Plastic” in Verpackungen und betonen dessen Umweltnutzen. Was genau steckt hinter Social Plastic und hilft es wirklich der Umwelt?

Was ist Social Plastic?

Social Plastic ist ein alternatives Recycling-Ökosystem für arme Länder ohne funktionierendes Müllsammelsystem. Die lokale Bevölkerung kann alte Plastikflaschen zu speziellen Sammelstellen bringen. Dort wird das Plastik gewogen, sortiert und an Unternehmen weiterverkauft. Im Gegenzug bekommen die Sammler*innen Geld, Waren und andere Sachleistungen.

Wer steckt hinter Social Plastic?

Die Unternehmer David Katz und Shaun Frankson gründeten 2013 in Vancouver, Kanada die “Plastic Bank”. So heißt das Unternehmen hinter der Social-Plastic-Idee. Die Vision der beiden Unternehmer: Plastik soll zur Weltwährung werden.

Die profitorientierte Privatorganisation startet mit einem erfolgreichen Pilottest 2013 in Lima, Peru. Das erste vollwertige Social-Plastic-Ökosystem entsteht ab März 2015 in Haiti.

In den Folgejahren expandiert Plastic Bank das Social-Plastic-Konzept in weitere Länder wie die Philippinen, Indonesien, Brasilien und Ägypten. Kolumbien und Vietnam sollen folgen. 

Plastic Bank entwickelt das Programm kontinuierlich weiter, unter anderem mit einer Konto-App für Sammler*innen und neuen Spenden- und Beteiligungsmöglichkeiten für Privatpersonen und Unternehmen. Zudem investiert das Unternehmen in Recycling-Bildung, etwa in Botschafter*innen, die an Schulen über Mülltrennung aufklären.

Hilft Social Plastic der Umwelt?

Plastic Bank will erklärtermaßen Plastik aus der Umwelt und damit aus dem Meer fernhalten. Da Plastik im Social-Plastic-Ökosystem als Tauschmittel fungiert und somit einen Wert hat, bringen es Menschen lieber zu Sammelstellen, als es in der Umwelt zu entsorgen. Besser noch: Sie sammeln es gezielt ein.

Plastik als Wertstoff – dieses Prinzip funktioniert: Laut eigenen Angaben haben Sammler*innen der Organisation seit der Gründung 2013 bislang 45.300 Tonnen Plastik (April 2022) gebracht, das sonst womöglich in der Umwelt oder im Meer gelandet wäre.

Das ist aller Ehren wert – aber leider nicht besonders viel. Zum Vergleich: Allein in Deutschland fielen laut Umweltbundesamt 2019 rund 6,3 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an, Tendenz steigend. In den USA sollen es 2016 gar 42 Millionen Tonnen Kunststoffabfall gewesen sein. Der Nabu schätzt, dass bis zu 12,7 Millionen Tonnen Plastikmüll ins Meer geraten – ebenfalls pro Jahr.

Das weltweite Plastikmüllproblem wird Social Plastic also nicht lösen. Dafür sind die gesammelten Mengen Plastikmüll viel zu gering und der Sammelprozess lässt sich nicht im großen Maßstab skalieren.

Hilft Social Plastic der Kreislaufwirtschaft?

Plastik ist ein Wertstoff und muss im Kreislauf geführt werden – das ist der Weg in eine saubere Zukunft. Und die Plastic Bank hat ihn verinnerlicht. 

Gerade in Ländern ohne funktionierendes Müllsammelsystem ist Social Plastic eine schnelle Lösung, um die Müllflut zumindest ein klein wenig einzudämmen und dabei gleichzeitig die lokale Bevölkerung zu unterstützen und für Müllentsorgung zu sensibilisieren.

Deutlich wirksamer ist die Kreislaufführung von Plastik in Recycling-Systemen wie unserem dualen System mit Gelbem Sack und Gelber Tonne. Durch die Mülltrennung direkt bei Verbraucher*innen können diese Systeme effizient große Mengen Altplastik hochwertig recyceln. Insbesondere dann, wenn die Verpackungen nach dem Design-für-Recycling-Prinzip gestaltet sind.

Social Plastic bereitet Menschen auf Mülltrennung vor, gibt altem Plastik einen Wert und ist daher eine Brücke zu nachhaltigen, effizienteren Entsorgungssystemen wie dem Gelben Sack und der Gelben Tonne, jedoch keine Alternative zu ihnen.

Was bedeutet Social Plastic für die Menschen?

Laut Plastic Bank nutzen mehr als 20.000 Menschen in rund 500 internationalen Recycling-Communities Social Plastic für einen Nebenverdienst und um die Grundbedürfnisse ihrer Familien besser zu decken. Sammler*innen müssen für einen Anspruch auf Sachleistungen nur wenige Kilogramm altes Plastik abliefern. Die Einstiegsbarriere ist also gering.

Plastic Bank unterstützt Sammler*innen etwa durch Lebensmittel, Brennstoff zum Kochen, Schulgeld, Krankenversicherungen oder Handy- und Internetzugang. Es gibt bereits Schulen, Krankenhäuser oder Ärzte, die Überweisungen durch die Plastic Bank akzeptieren. Das Programm fördert so unmittelbar die wichtigen Bereiche Gesundheit und Bildung. Diese Prämien können benachteiligten Menschen auf ihrem Weg aus der Armut helfen.

Welche Unternehmen verwenden Social Plastic?

Auf der eigenen Webseite nennt Plastic Bank zahlreiche Partner, die sich am Social-Plastic-Ökosystem beteiligen und es unterstützen. Etwa indem sie das alte Plastik kaufen und in ihren Produkten verwenden. In Deutschland bekannt sind unter anderem Henkel, die Handelsmarke Metro und der Lebensmittellieferdienst Hello Fresh. Wenn die Unternehmen auch ansonsten konsequent in die Nachhaltigkeit ihrer Produkte investieren und Social Plastic nur ein Aspekt der Ökostrategie ist, kann es eine sinnvolle Investition sein.

Manche Unternehmen schieben die Plastic-Bank-Kooperation allerdings so stark in den Vordergrund, dass es an Greenwashing grenzt. Zum einen ist der Social-Plastic-Anteil in den Flaschen gering, zum anderen hat das Social Plastic oft weite Transportwege hinter sich bis zum Recycling. Eine Wiederverwertung vor Ort wäre umweltfreundlicher.

Fazit zu Social Plastic: Humanitäre Hilfe mit Umweltbonus

Social Plastic wirkt wie eine sinnvolle humanitäre Hilfe, die das Prinzip der Kreislaufwirtschaft unterstützt und verbreitet. Der Umweltnutzen ist wegen der niedrigen Recycling-Mengen zwar gering. Doch als Brückensystem hin zu effizienterer Plastikentsorgung könnte sich Social Plastic als sinnvolle Maßnahme erweisen, wenn das Plastik regional wiederverwertet statt über die Weltmeere verschifft wird. Wichtiger ist jedoch, dass Social Plastic Menschen hilft.