Das Recycling von Plastikverpackungen funktioniert längst nicht so gut, wie es könnte. Dafür gibt es viele Gründe. Sie reichen von der Chemie bis zum Design. Hier erfahrt ihr, welche Schwierigkeiten es gibt und was sich dagegen unternehmen lässt.
Auf den ersten Blick scheint das mechanische Recycling von Plastikverpackungen ziemlich einfach zu sein. Verbraucher*innen werfen ihren Müll ordentlich in den Gelben Sack, Recyclingfirmen sortieren das Ganze nach Materialsorten und machen daraus neue Verpackungen. Fertig.
Leider ist es in Wahrheit komplizierter, wie ein Blick auf die aktuelle Rezyklatausbeute beweist: Laut der deutschen Bundesregierung landen derzeit nur magere 5,8 Prozent des recycelten Plastiks wieder in neuen Verpackungen. Der Rest geht ins Downcycling, wird zu Polyesterklamotten oder Parkbänken.
Warum ist das so?
Die Antwort darauf ist vielschichtig. Sie beginnt beim sinnlosen Materialmix des Verpackungsdesigns und reicht bis zum verantwortungslos zusammengerührten Chemiecocktail der Kunststoff-Polymere.
Was ist das offensichtlichste Problem beim Plastikrecycling?
Ein echter Alptraum für das hochwertige Recycling sind sogenannte Verbundverpackungen. Sie bestehen aus mindestens zwei verschiedenen Materialsorten (Plastik, Pappe, Aluminium etc.), die auf- oder ineinander geklebt sind. Diese Materialien zu trennen, ist aufwendig und teuer, oft sogar unmöglich.
Ein klassisches Negativbeispiel ist der Plastik-Joghurtbecher mit Aludeckel und Pappbanderole. Im schlimmsten Fall wird er gar nicht recycelt, weil die Infrarot-Scanner der Recyclinganlagen nur die Banderole oder den Deckel erkennen. Dann wird der Plastikbecher zu Alu oder Pappe sortiert und ist für das Recycling verloren.
Plastik ist doch Plastik - warum klappt das Recycling nicht?
Viele Verpackungen bestehen nicht aus einer einzigen, sondern aus vielen verschiedenen Plastiksorten. Die verschiedenen Kunststoffe haben unterschiedliche Eigenschaften, die für die Funktionalität der Verpackung benötigt werden. Einige bilden zum Beispiel Barrieren gegen Sauerstoff, andere schützen vor UV-Licht.
Um diese Eigenschaften zu kombinieren, klebt man die verschiedenen Plastiksorten einfach aufeinander. Manche Verpackungen bestehen aus bis zu zwölf hauchdünnen Folien. Doch das Recycling kann diese Lagen nicht wieder auseinanderfriemeln. Gemeinsam recyceln kann man die verschiedenen Plastiksorten aber auch nicht. Sie lassen sich nämlich nicht zusammen einschmelzen, ohne dass sie ihre jeweiligen Eigenschaften verlieren.
Heraus käme nur ein Klumpen nutzloses Mischplastik, mit dem niemand etwas anfangen kann. Daher bleibt nichts übrig, als die gesamte Verpackung zu verbrennen.
Okay, aber wenn wir nur unvermischte Plastiksorten verwenden, funktioniert Recycling - oder?
Selbst dann gibt es noch jede Menge Stolperfallen. Beispielsweise können Farben und Kleber das Recycling gehörig sabotieren. Für Farben gilt: je dunkler das Plastik, desto schwieriger ist es zu recyceln. Warum?
Weil Verpackungsmüll in den meisten Fällen zwar nach Plastiksorten (also nach PET, PE usw.) sortiert wird, nicht aber nach Farben. Schmilzt man beim Recyceln nun die verschiedenfarbigen Plastikreste zusammen, entsteht ein Rezyklat in hässlichem Misch-Grau, das kein Hersteller für seine Verpackungen verwenden will. Helles oder gar durchsichtiges Altplastik, das fast wie neu aussieht, lässt sich daraus nicht mehr herstellen. Das graue Rezyklat wandert schlussendlich ins Downcycling.
Ein anderer Recycling-Saboteur kann der Klebstoff sein, mit dem Etiketten an Flaschen und Verpackungen befestigt werden. Oft achten die Hersteller nicht darauf, dass sich der Kleber im Recycling problemlos vom restlichen Material trennen lässt. Daher werden oft Klebereste mit eingeschmolzen, was die Reinheit und chemische Qualität des Rezyklats zunichtemacht. Ebenfalls problematisch können die Farbpigmente der Etiketten-Bedruckung sein. Sind sie nicht für das Recycling optimiert, kann es zu ungewollten chemischen Reaktionen und giftigen Nebenprodukten kommen.
Das sind ganz schön viele Schwierigkeiten. Aber das war’s dann hoffentlich auch …
Leider nicht. Selbst reines, perfekt sortiertes Plastik ohne Verschmutzungen hat seine Tücken. Was wir als Kunststoff wahrnehmen, ist auf der chemischen Ebene ein buntes Durcheinander aus Polymeren, Co-Polymeren und Zusatzstoffen.
Dazu zählen unter anderem Weichmacher, Flammschutzmittel, UV-Stabilisatoren und Antioxidantien. Sie alle verändern die grundlegenden Eigenschaften des Kunststoffs und passen ihn an seinen jeweiligen Einsatzzweck an. Derzeit sind mehr als 10.500 dieser Kunststoff-Additive aktenkundig.
Die Crux ist: Selbst gleiche Kunststoffe können nicht oder nur schwer gemeinsam recycelt werden, wenn sie verschiedene Additive enthalten. Perfekt sortiertes PET nützt bei zu großen chemischen Unterschieden also nicht viel.
Recyclingfirmen wollen dieses Problem lösen, indem sie Kunststoffverpackungen mit gleichem Verwendungszweck zueinander sortieren (also Spülmittelflaschen zu Spülmittelflaschen, Obstschalen zu Obstschalen etc.). Das ist umständlich, aber notwendig, da die meisten Plastikhersteller wie die Glucken auf ihren Polymerformeln sitzen und nicht offenlegen wollen, welche der über 10.000 Chemikalien sie in ihren Kunststoff gemixt haben.
Wie kriegen wir dieses komplizierte Recycling in den Griff?
Recycling wird nach wie vor vom Ende her gedacht. Aber hochwertiges Plastikrecycling beginnt nicht beim Abfall, sondern beim Design recyclingfreundlicher Verpackungen. Verpackungshersteller müssen endlich gezielt auf Monomaterial setzen. Das heißt:
- Kein wilder Mix aus Plastik, Pappe und Alu mehr,
- wo immer möglich nur eine einzige Sorte Kunststoff für alle Komponenten der Verpackung verwenden,
- keine oder zumindest helle Farben einsetzen,
- Klebstoffe und Druckfarben nutzen, die sich im Recycling vollständig entfernen lassen.
Wie das gehen kann, machen einige Pioniere aus der Wirtschaft bereits vor. Auch die Politik hat mittlerweile begriffen, dass echte Kreislaufwirtschaft nur mit echtem Design für Recycling möglich ist. In Deutschland gibt es beispielsweise schon einen Mindeststandard beim Design für Recycling. Der ist zwar besser als nichts, lässt aber immer noch jede Menge Luft nach oben. Auch in der EU gibt es bereits entsprechende Vorstöße, Recyclingfreundlichkeit gesetzlich zu verankern.
Doch für einen funktionierenden Plastikkreislauf muss die Chemieindustrie auch die richtigen Polymere liefern. Nämlich solche, die ebenfalls von Anfang an für das Recycling konzipiert sind. Auch hierfür bräuchte es entsprechende Gesetze. Aber die lassen aktuell noch auf sich warten.
Was hat es mit Design für Recycling auf sich? Und woran erkennt man recyclingfreundliche Verpackungen?
Recycling-Fragen, einfach erklärt
Es gibt viele Fragen zum Recycling: Wie viel Müll im Gelben Sack wird recycelt? Kann Plastik wirklich im Kreislauf geführt werden? Was ist der Unterschied zwischen Down- und Upcycling? In dieser Rubrik gehen wir auf die vielen Fragen in Social Media ein und beantworten sie kurz und verständlich. Eure Fragen könnt ihr uns bei Instagram, Facebook oder einfach per E-Mail stellen.