
Sogenanntes chemisches Recycling wird vor allem von der Großchemie oft als Zukunft des Kunststoffrecyclings angepriesen. Doch was steckt wirklich hinter dieser Technologie? Die Studienlage zeichnet ein ernüchterndes Bild: Hoher Energieverbrauch, schlechte Klimabilanz und zweifelhafte Umweltvorteile. Wir analysieren die wissenschaftlichen Fakten zum Recycling-Duell und zeigen, warum mechanisches Recycling das überlegene Verfahren bleibt.
Pyrolyse, Gasifikation, Koksofen – hinter diesen Schlagworten verbirgt sich das sogenannte chemische Recycling. Ein Verfahren, das von Öl- und Großchemie-Konzernen gerne als Wunderlösung für das wachsende Plastikproblem angepriesen wird. Doch was die Industrie als umweltfreundliche Innovation verkauft, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als ökologische Sackgasse.
Das Umweltbundesamt (UBA) spricht dem chemischen Recycling in einem Hintergrundpapier sogar jeglichen Nutzen ab. Die eingesetzten Technologien seien nicht ausgereift und der ökologische Nutzen mehr als zweifelhaft. Die Bedenken wiegen so schwer, dass für das UBA klar ist: Chemisches Recycling verdient die Bezeichnung Recycling nicht.
10 bis 100 Mal schädlicher als Neuplastik
Eine umfassende Studie des US-amerikanischen National Renewable Energy Laboratory (NREL) vergleicht mechanisches und chemisches Recycling. Das Ergebnis ist eindeutig: Mechanisches Recycling übertrifft alle chemischen Verfahren sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch.
Besonders problematisch sind laut NREL-Studie die chemischen Verfahren Pyrolyse und Gasifizierung. Die zwei Lieblingsverfahren der Chemie-Recycler sind sogar zwischen 10 und 100 Mal schädlicher für die Umwelt als die Herstellung von neuem Plastik. Die Gründe liegen auf der Hand: geringe Materialausbeute und enormer Energiebedarf für die chemische Umwandlung und anschließende Aufbereitung.
Klimakiller statt Klimaretter
Auch eine japanische Studie bestätigt die Überlegenheit des mechanischen Recyclings beim Klimaschutz. Die Forschenden verglichen unter anderem das Erderwärmungspotenzial von mechanischem Recycling mit zwei Verfahren des chemischen Recyclings: dem Koksofen und der Gasifizierung. Die Ergebnisse sind auch hier eindeutig: Während die mechanische Verwertung nur zu 17 Prozent zur globalen Erwärmung beiträgt, sind es bei der Gasifizierung bereits 32 Prozent und beim Koksofen-Verfahren sogar 51 Prozent.
Mit anderen Worten: Die untersuchten chemischen Verfahren treiben den Klimawandel deutlich stärker voran als mechanisches Recycling. Selbst wenn die Studie versucht, im Sinne wissenschaftlicher Neutralität einige potenzielle Vorteile der chemischen Verfahren zu erörtern, täuscht das nicht über die verheerenden Klimaauswirkungen hinweg.
Fragwürdige Studien
Trotz dieser Erkenntnisse wirbt die Öl- und Großchemie-Industrie weiter für chemische Recyclingverfahren – mit eigens beauftragten Studien. Doch wie glaubhaft sind diese Untersuchungen? Um das herauszufinden, haben namhafte Umweltorganisationen wie die Deutsche Umwelthilfe, der NABU und Zero Waste Europe konzerneigene Ökobilanzen zur chemischen Verwertung unter die Lupe genommen.
Dabei kam heraus, dass sämtliche Darstellungen tendenziös und unglaubwürdig sind. Die Studien weisen systematische Schwachpunkte, Fehler und Falschaussagen auf, die das sogenannte chemische Recycling in einem unverdient positiven Licht erscheinen lassen.
Fazit: Die wissenschaftlichen Fakten sprechen also eine klare Sprache – mechanisches Recycling ist der chemischen Variante wirtschaftlich und ökologisch klar überlegen. Während einige Konzerne weiterhin auf fragwürdige chemische Verfahren setzen und deren angebliche Vorteile mit zweifelhaften Studien zu belegen versuchen, zeigen unabhängige Untersuchungen die ökologischen Nachteile deutlich auf.
Für eine wirklich nachhaltige Kreislaufwirtschaft führt kein Weg am mechanischen Recycling vorbei. Statt in energieintensive und klimaschädliche chemische Verfahren zu investieren, sollten wir uns auf die Optimierung des mechanischen Recyclings konzentrieren: besseres Verpackungsdesign, effizientere Sammelsysteme und innovative Sortiertechnologien. Nur so lässt sich der wachsende Plastikmüllberg tatsächlich umweltfreundlich bewältigen.
Zeit für Zahlen: Aktuelle Umweltstudien im Check
In unserem Check nehmen wir regelmäßig die neuesten Forschungsergebnisse zu Recycling, Kreislaufwirtschaft und Umweltschutz unter die Lupe. Ihr wollt mehr zum Potenzial der Circular Economy erfahren? Hier findet ihr alle Studien aus diesem Artikel:
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