
Chemisches Recycling soll die Plastikkrise lösen – das behauptet zumindest die Chemieindustrie. Doch Studien enthüllen: Chemie-Recycling ist ineffizient, energieintensiv und gefährdet Klima und Gesundheit. Wir analysieren die Fakten und zeigen, warum nur mechanisches Recycling eine echte Lösung bietet.
Sogenanntes chemisches Recycling verspricht mit Verfahren wie der Pyrolyse, auch stark verschmutzten Plastikmüll wieder in hochwertige Kunststoffe zu verwandeln. Doch die Euphorie der Plastikindustrie teilen längst nicht alle.
Eine Befragung von 150 Recyclingunternehmen aus 38 Ländern durch die ETH Zürich zeigt: Die Branche setzt kaum Hoffnung in die angebliche Alternative zum mechanischen Recycling. Stattdessen fordern die Recycler von Verbrauchermarken und Verpackungsunternehmen, das Design für Recycling zu verbessern und eine Nachfrage nach Rezyklat zu schaffen. Nur so lässt sich Plastikmüll effektiv im Kreislauf führen.
Auch der WWF steht dem sogenannten chemischen Recycling äußerst kritisch gegenüber. In einem Positionspapier bemängelt die NGO die noch immer dünne Faktenlage zu Nutzen, Energieaufwand und Ressourcenverbrauch. Die wenigen Daten ließen darauf schließen, dass die Verfahren der Umwelt und Gesundheit schaden – besonders in Ländern mit schwachen Regulierungen könnte es laut WWF zu Menschenrechtsverletzungen kommen.
Schädlich für Umwelt und Gesundheit
Bei den unterschiedlichen Arten der chemischen Verwertung entstehen zahlreiche gefährliche Substanzen – darunter krebserregende und genverändernde Stoffe oder solche, die sich als Giftstoffe in der Umwelt anreichern. Je nach Art des Verfahrens werden unter anderem stickstoffhaltige Verbindungen wie HCN und NOx, bromierte Dioxine und Furane, polychlorierte Biphenyle, Schwermetalle oder monoaromatische Kohlenwasserstoffe (MAK) wie Benzol, Styrol und Toluol freigesetzt.
Laut einer Meta-Studie der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) wirft das chemische Recycling in diesem Bereich nach wie vor etliche Fragen auf. So sei bisher ungeklärt, wie mit diesen „besorgniserregenden“ Schadstoffen umgegangen wird und ob sie sicher beseitigt werden. Laut der Untersuchung fehle es an Transparenz und unabhängiger Forschung zu den Risiken.
Auch in puncto Effizienz und Klimaschutz schneidet chemisches Recycling schlecht ab. Eine Analyse des deutschen Öko-Instituts zeigt: Die Pyrolyse verursacht neunmal mehr CO2-Emissionen als mechanisches Recycling. Pro Kilo Rezyklat entstehen 2,91 Kilo CO2 – beim werkstofflichen Recycling sind es nur 0,311 Kilo. Verschärfend kommt hinzu, dass bei der Pyrolyse mehr als die Hälfte des Materials verloren geht und somit durch Neukunststoff ersetzt werden muss.
Eine Studie der Forscher*innen Dr. Jumoke Oladejo und Dr. Andrew Rollinson kommt zu dem Schluss, dass die Verfahren so viel Energie verbrauchen, dass sie als nachhaltige Lösung ausscheiden. Das Fazit der Untersuchung: Chemisches Recycling ist umweltschädlich, energieintensiv und technisch mangelhaft. Es sei keine effektive Form für hochwertige Plastikaufbereitung, wie sie zum Beispiel für Verpackungen gebraucht wird.
Fazit: Die Studien zeigen deutlich, dass chemisches Recycling die Erwartungen nicht erfüllt. Die Verfahren sind klimaschädlich, verschwenderisch und bergen unkalkulierbare Risiken. Statt die Plastikkrise zu lösen, könnte chemisches Recycling sie sogar noch verschärfen.
Der Schlüssel zu einer echten Kreislaufwirtschaft liegt im mechanischen Recycling. Es spart Ressourcen und Emissionen. Um es zu stärken, braucht es recyclingfreundliches Verpackungsdesign und eine starke Nachfrage nach Rezyklat. Hier sind Industrie und Politik gefragt, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Gleichzeitig müssen wir als Verbraucher*innen auf recycelte und recycelbare Verpackungen setzen und unseren Müll richtig trennen. Nur so schaffen wir geschlossene Kreisläufe.
Zeit für Zahlen: Aktuelle Umweltstudien im Check
In unserem Check nehmen wir regelmäßig die neuesten Forschungsergebnisse zu Recycling, Kreislaufwirtschaft und Umweltschutz unter die Lupe. Ihr wollt mehr zum Potenzial der Circular Economy erfahren? Hier findet ihr alle Studien aus diesem Artikel:
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