
Als Wertstoff in der Kreislaufwirtschaft kann Kunststoff seine Stärken voll ausspielen. Doch als Müll in der Umwelt wird Plastik zum Problem für Mensch und Natur. Wir analysieren aktuelle Studien zu Risikoprodukten und Lösungsansätzen und zeigen, wie eine echte Kreislaufwirtschaft gelingen kann.
Plastik ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Und das aus gutem Grund: Kunststoffe sind vielseitig, leicht und schützen Waren vor Beschädigung oder Keimen. Doch achtlos weggeworfen, wird Plastik schnell zum Umweltproblem. Wie gravierend dieses Problem ist, zeigt eine Studie internationaler Forscher*innen in der Fachzeitschrift „Environmental Science & Technology“: Die Menschheit hat bei Umweltschadstoffen wie Kunststoffen bereits eine der planetaren Belastungsgrenzen überschritten.
Das Konzept der planetaren Grenzen wurde 2009 entwickelt und beschreibt neun kritische Umweltsysteme, deren Stabilität für das Leben auf der Erde entscheidend ist. Dazu zählen unter anderem das Klima, die Ozonschicht, die Biodiversität und die Süßwassernutzung. Eine der neun Grenzen erfasst zudem die Umweltbelastung durch sogenannte “synthetische Chemikalien”. Neben Kunststoffen fallen darunter auch Pestizide, Industriechemikalien und Pharmazeutika. Diese Grenze gilt mittlerweile als überschritten, ebenso wie mehrere andere auch.
In ihrer Studie dokumentierten die Forscher*innen überwältigende Beweise für negative Auswirkungen dieser Substanzen auf Ökosysteme, Artenvielfalt und biogeochemische Kreisläufe. Als Gegenmaßnahme empfehlen sie eine weltweite Obergrenze für die Chemikalienproduktion sowie die Umstellung auf Kreislaufwirtschaft.
Die grössten Risiken identifizieren
Doch welche Kunststoffprodukte schädigen unsere Umwelt am meisten? Dieser Frage geht eine Studie des WWF und der Londoner Nachhaltigkeitsberatung Eunomia nach. Die Analyse zeigt, dass vor allem vier Produktgruppen zur Plastikverschmutzung beitragen: Verpackungen aller Art, Einwegprodukte des täglichen Gebrauchs (wie Wattestäbchen und Plastikbesteck), spezielle Produkte bestimmter Branchen (wie Fischernetze und Agrarfolien) sowie gezielt hergestelltes Mikroplastik in Produkten wie Kosmetika.
Die Studie unterscheidet dabei zwischen zwei Arten von Produkten: Einerseits überflüssige Dinge wie zugesetztes Mikroplastik und Wegwerfartikel. Andererseits Plastikprodukte, die sehr nützlich, teilweise sogar unverzichtbar sind und deshalb in geschlossenen Kreisläufen gehalten werden sollten. In diese Kategorie fallen die meisten Verpackungsarten.
In einer weiteren Studie beschreiben WWF und Eunomia konkrete Maßnahmen gegen die globale Plastikplage. Besonders im Visier haben sie drei Produktkategorien: Kurzlebige Einwegartikel wie Besteck und Ohrstäbchen, Einwegartikel mit Kunststofffasern wie Feuchttücher und Zigarettenfilter sowie primäres Mikroplastik in Kosmetika und Reinigungsmitteln. Diese sollten schnellstmöglich verboten werden.
Kreislaufwirtschaft als Lösung: Rezyklat und Design for Recycling
Für nützliche Kunststoffprodukte wie Verpackungen empfehlen die Forscher*innen hingegen eine konsequente Kreislaufführung. Hierfür schlägt die WWF-Studie eine Reihe von Instrumenten vor, darunter ökonomische Anreize, globale Mindeststandards für Abfallsammlung, Recycling und Rezyklateinsatz sowie ein globales System der erweiterten Herstellerverantwortung.
Der Schlüssel zu einer echten Kreislaufwirtschaft liegt bereits beim Produktdesign. Das bestätigt eine Studie in „Nature Reviews Materials“ von Forschenden der Leuphana Universität Lüneburg. Sie zeigt: Der steigende Kunststoffverbrauch und die enorme chemische Vielfalt in heutigen Plastikprodukten machen hochwertiges Recycling oft unmöglich. Die Wissenschaftler*innen fordern daher, dass Chemie und Materialwissenschaften ihre Prioritäten neu ausrichten müssen – weg von immer neuen Spezialkunststoffen, hin zu kreislauffähigen Polymeren, die sich optimal recyceln lassen.
Sind Verpackungen recyclinggerecht gestaltet, lassen sie sich später zu hochwertigem Rezyklat verarbeiten, das fossiles Plastik ersetzen kann. Dieses „Design for Recycling“ setzt auf recyclingfähige Monomaterialien und den Verzicht auf problematische Zusatzstoffe.
Fazit: Richtig eingesetzt und als Wertstoff verstanden, ist Kunststoff ein unverzichtbarer Rohstoff unserer modernen Welt. Der vielseitige Werkstoff schützt Produkte und ist in vielen Anwendungen kaum zu ersetzen. Die Lösung liegt nicht im generellen Verzicht, sondern im verantwortungsvollen Umgang mit diesem wertvollen Material. Entscheidend ist, dass Kunststoffe von Anfang an für den Recyclingkreislauf konzipiert werden – und erst gar nicht in der Umwelt landen. Während überflüssige Risikoprodukte wie Einwegartikel und Mikroplastik schnellstmöglich aussortiert werden müssen, brauchen wir für sinnvolle Anwendungen wie Verpackungen eine konsequente Kreislaufführung. Das bedeutet: recyclinggerechtes Design, effiziente Sammelsysteme und hochwertige Rezyklate.
Zeit für Zahlen: Aktuelle Umweltstudien im Check
In unserem Check nehmen wir regelmäßig die neuesten Forschungsergebnisse zu Recycling, Kreislaufwirtschaft und Umweltschutz unter die Lupe. Ihr wollt mehr zum Potenzial der Circular Economy erfahren? Hier findet ihr alle Studien aus diesem Artikel:
Weitere Umweltstudien findet ihr außerdem in unserer Studiensammlung!