Es ist erschreckend, aber leider wahr: Viele Kunststoffverpackungen lassen sich nach wie vor nicht sinnvoll recyceln. Materialmix, Plastikvielfalt und Zusatzstoffe verhindern die Wiederverwertung im geschlossenen Wertstoffkreislauf. Die Lösung für dieses Problem ist bekannt, aber noch immer zu wenig beachtet: Design for Recycling.
Dass Kunststoffrecycling ein Segen für die Umwelt ist, bezweifelt fast niemand mehr. Das Sammeln und Verwerten gebrauchter Plastikverpackungen hält Müll aus der Natur fern und spart Erdöl, da jedes Kilo recyceltes Plastik die gleiche Menge Neuware ersetzt. Kunststoffe im Verwertungskreislauf zu halten, schont zudem das Klima: Pro Tonne Recyclat, so schätzen Expertinnen und Experten, bleiben dem Klima zwischen 1,45 und 3,22 Tonnen CO2 erspart.
Beim effektiven Kampf gegen Umweltverschmutzung und Klimakrise ist Recycling also definitiv das Mittel der Wahl. Dummerweise funktioniert es noch lange nicht so gut, wie es könnte. 2017 nahm das Institut cyclos-HTP die Recyclingfähigkeit von Plastikmüll aus der Gelben Tonne und dem Gelben Sack unter die Lupe. Ergebnis: Rund ein Drittel war für das Recycling komplett ungeeignet. Von den übrigen zwei Drittel wurden nur gut 40 Prozent zu Kunststoff-Recyclat. Alles andere landete in der Müllverbrennung. Altplastik tatsächlich im geschlossenen Kreislauf zu führen, also immer wieder zu neuen Verpackungen zu verarbeiten, gelingt noch viel zu selten. Doch woran liegt das?
Kreislaufverhinderer statt Design for Recycling
Für eine effiziente Kreislaufführung sollten Kunststoffverpackungen von Beginn an für die Wiederverwertung konzipiert sein. Doch explizites Design for Recycling findet nach wie vor wenig Beachtung. Die meisten Kunststoffverpackungen auf dem Markt sind nicht wirklich kreislauffähig – und zwar aus unterschiedlichen Gründen:
Ein wahrer Recycling-Alptraum ist der klassische Joghurtbecher, der mit einem Aluminiumdeckel versehen und mit einer Pappbanderole umklebt ist. Im schlechtesten Fall wird er gar nicht recycelt, weil die Sortiermaschinen der Recyclinganlagen nur die Banderole erkennen und den ganzen Becher in die falsche Sortierfraktion befördern. Dort wird er dann mit dem übrigen Ausschuss verbrannt. Aber auch wenn der Becher richtig sortiert wird, lässt er sich nur zu 30 Prozent wiederverwerten. Denn für das Recycling wird der Becher als Ganzes geschreddert. Es entsteht ein Gemisch aus Pappe-, Aluminium- und Plastikschnipseln, aus dem verschiedene Verfahren das nicht benötigte Material aussondern. Der Rest geht in die Verbrennung. Von drei recycelbaren Materialien wird also nur eines tatsächlich wiederverwendet.
Auch reine Kunststoffverpackungen sind oft nicht gut recycelbar. Denn viele Verpackungen bestehen nicht nur aus einer, sondern aus vielen verschiedenen Sorten Plastik. Eine gewöhnliche Fruchtgummi-Tüte kann bis zu zwölf Plastiksorten enthalten, die als hauchdünne Folien übereinander geklebt sind. Das macht man, weil die einzelnen Kunststoffe unterschiedliche nützliche Eigenschaften besitzen. Einige halten zum Beispiel Sauerstoff ab, andere dafür Feuchtigkeit. Dieser Sortenmix ist ein gewaltiges Problem, denn die verschiedenen Kunststoffe lassen sich im Recycling nicht trennen. Gemeinsam verwerten kann man sie auch nicht, da sie sich nicht zusammen einschmelzen lassen. Am Ende bleibt nur, die komplette Fruchtgummi-Tüte zu verbrennen.
Ein weiteres Problem sind Farben und andere Zusatzstoffe in Plastikverpackungen. Bei Farben gilt grundsätzlich: Je dunkler das Plastik, desto problematischer für das Recycling. Weil der Kunststoff häufig nur nach Sorten, nicht aber nach Farben sortiert wird, entsteht bei der Aufbereitung immer dunkleres Recyclat. Früher oder später ergibt sich durch die Farbvermischung ein schmutziges Einheitsgrau, das die Hersteller nicht für ihre Verpackungen einsetzen wollen. Helle Verpackungen lassen sich daraus nicht mehr herstellen, dazu ist dann wieder neuer Kunststoff nötig. Ein weiterer Recyclingverhinderer sind die Klebestoffe und Haftvermittler, mit denen Etiketten an Flaschen und Verpackungen befestigt sind. Die Klebereste haften am Plastik und werden mit ihm zusammen eingeschmolzen, was die chemische Qualität des Recyclats ruiniert.
Weil recyclingfeindliches Material die Umwelt unnötig belastet, drängen mittlerweile viele Experten auf ein Umdenken der Verpackungshersteller. Recyclingunternehmen wie Der Grüne Punkt und Umweltorganisationen wie der NABU fordern schon lange, Plastikverpackungen von Grund auf nachhaltig zu entwerfen. Aber auch in der Politik tut sich mittlerweile einiges. So regelt das neue Verpackungsgesetz von 2019, dass Entsorgungsentgelte für Händler und Hersteller auch danach bemessen werden sollen, wie gut sich Verpackungen recyceln lassen. Auch das internationale Wissenschaftskomitee European Academies Science Advisory Council (EASAC) empfiehlt der EU-Kommission nachdrücklich, bei ihrer Strategie zur Kreislaufwirtschaft auf Design for Recycling zu setzen.
All diese Experten sind sich einig, dass recyclingfreundliche Kunststoffverpackungen mindestens folgende Kriterien erfüllen müssen:
- Gute Trennbarkeit aller Komponenten
- Verwendung heller Farben
- Monomaterial statt Materialmix
- Leicht ablösbare Etiketten
- Leicht entfernbare Verschlüsse
Dass recyclingfreundliches Verpackungsdesign längst möglich ist, beweist unser Gründungsunternehmen Werner & Mertz. Bereits seit Jahren setzt das Unternehmen auf transparente oder weiße Flaschen, die komplett recyclingfähig sind, und achtet gezielt auf die nachhaltige Auswahl von Druckfarben, Etiketten und Verschlüssen.
Im Jahr 2019 hat der Mainzer Öko-Pionier für seine Waschmittel und Reiniger der Marke Frosch einen neuen Standbodenbeutel auf den Markt gebracht , der sich vollständig recyceln lässt. Der Beutel besteht zu hundert Prozent aus recyclingfähigem Polyethylen (PE), enthält also nur eine einzige Sorte Kunststoff. Zudem ist die bedruckte Außenseite nicht mit der unbedruckten Innenseite des Beutels verklebt. Beim Recycling landet der bedruckte Teil in einer dunklen Fraktion, der unbedruckte in einer transparenten. Ganze 85 Prozent lassen sich so als hochwertiges, transparentes Material wiederverwerten, das der Qualität der von Neuware gleichkommt. Auch die restlichen 15 Prozent sind dank recyclingfreundlicher Druckfarben wiederverwertbar.
Recyclingfähig einkaufen:
Fast alle Experten und Expertinnen stimmen überein, dass sich recyclingfreundliche Verpackungen und ein geschlossener Wertstoffkreislauf extrem positiv auf die Umwelt auswirken. Bislang ist ein konsequentes Design for Recycling aber noch nicht verpflichtend. Bis es endlich soweit ist, müssen wir weiterhin am Supermarktregal abstimmen. Indem wir gezielt zu Produkten in recycelten und recyclingfreundlichen Verpackungen greifen, zeigen wir den Händlern und Herstellern deutlich, womit sie uns begeistern können.
Müll richtig trennen:
Jede noch so recyclingfreundlich gestaltete Verpackung nutzt der Umwelt nichts, wenn sie niemals im Recyclingsystem ankommt. Denn jede Verpackung, die im Restmüll landet, wird ohne weitere Diskussion verbrannt. Daher sollte man alle Kunststoffverpackungen, egal wie recyclingfähig sie bereits sind, im Gelben Sack oder der Gelben Tonne entsorgen. Bei nicht recyclingfreundlich designten Verpackungen sollte man zudem die einzelnen Komponenten voneinander trennen. Wer beispielsweise beim berüchtigten Joghurtbecher den Aludeckel und die Pappbanderole entfernt, erweist dem Recycling einen großen Dienst. Sobald sich Design for Recycling auf breiter Ebene durchgesetzt hat, sind diese helfenden Handgriffe endlich nicht mehr nötig.