Verbraucher*innen zweifeln zunehmend an den Nachhaltigkeitsbehauptungen von Unternehmen. Nicht ganz zu Unrecht, wie eine Studie zeigt. Mit strengen Regeln gegen Greenwashing will die EU das Vertrauen zurückgewinnen. Mehr
Ende der 1980er hatte Deutschland ein ernstes Müllproblem. Deutsche Haushalte produzierten derart viel Abfall, dass die Müllverbrennungsanlagen nicht mehr hinterher kamen. Auf städtischen Deponien türmte sich der Haushaltsmüll – vor allem Verpackungen.
Um dem Problem Herr zu werden, trat 1991 die Verpackungsverordnung in Kraft. Sie zwang Händler und Hersteller, ihre Verpackungen nach Gebrauch zurückzunehmen und selbst zu entsorgen. Also gründeten die betroffenen Unternehmen eine Firma und betrauten sie mit der Aufgabe, den Verpackungsmüll in ihrem Namen einzusammeln und zu verwerten. Mit „Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH“ erblickte das erste Recyclingunternehmen Deutschlands das Licht der Welt.
In den Anfangsjahren der Mülltrennung kümmerte sich der Grüne Punkt alleine um den Abtransport und die Verwertung von Verpackungsmüll. Doch als die Abfallmengen Jahr für Jahr neue Dimensionen annahmen, wurde das für ein Unternehmen einfach zu viel. 2003 beendete die Bundesregierung das Monopol des Grünen Punktes und öffnete den Markt für Wettbewerber.
Mittlerweile gibt es neben dem Grünen Punkt noch weitere Verwertungsunternehmen, die sich auf Entsorgung und Recycling von Verpackungen spezialisiert haben. Sie sammeln und verwerten unter anderem Leichtverpackungen aus Kunststoff und Metall, aber auch Papier, Pappe und Einwegglas.
Um ihre Verpackungen entsorgen zu lassen, schließen Händler und Hersteller Entsorgungsverträge mit dem Grünen Punkt oder einer der anderen Recyclingfirmen ab. Den Abtransport des Mülls organisieren die Firmen mit den Müllautos privater Entsorgungsunternehmen.
In den ersten Jahren nach Einführung des dualen Systems waren Hersteller und Händler noch nicht verpflichtet, ihre Verpackungen bei einem der Verwertungsunternehmen lizenzieren zu lassen. Doch seit 2009 muss jedes Unternehmen, das in Deutschland Verkaufsverpackungen an Endverbraucherinnen und Endverbraucher ausgibt, einen entsprechenden Entsorgervertrag nachweisen.
Wer in Deutschland eine Verpackung in Verkehr bringen möchte, muss also bei einem dualen System eine Lizenz erwerben. Art und Menge der Verpackungen entscheiden darüber, wieviel Hersteller und Händler für die Entsorgung zahlen müssen. Vor Jahresbeginn geben sie Schätzungen ab, wie viele Verpackungen sie voraussichtlich verkaufen werden.
Die Kosten für den Abtransport des Mülls teilen die Recyclingunternehmen untereinander auf. Ein Umlagesystem regelt, wer welchen Anteil zu bezahlen hat. Das funktioniert so: Sagen wir, in einem Gelben Sack landen eine leere Reinigungsmittelflasche und eine Käseverpackung von zwei verschiedenen Herstellern. Beide Hersteller haben Lizenzverträge mit zwei verschiedenen Recyclingfirmen. Nach der ursprünglichen Logik müssten nun beide Unternehmen ein Müllauto organisieren, um den Müll abzuholen.
Da das unsinnig wäre, beauftragt nur eine der Recyclingfirmen das Müllunternehmen. Sogenannte Clearingstellen erfassen die Kosten für die Abholung und teilen sie nach Marktanteil auf alle Recycler auf. Dabei gilt: je höher der Marktanteil, desto höher der Anteil für die Entsorgung. Wie groß der Marktanteil ist, errechnet die Clearingstelle anhand der Schätzungen, die die Unternehmen zuvor abgegeben haben.
Die Arbeit der Recyclingunternehmen des dualen Systems sind der Ausgangspunkt für jedes erfolgreiche Recycling. Sie sammeln den Verpackungsmüll, sortieren ihn nach Plastiksorten, arbeiten die Kunststoffe zu Recyclaten auf und verkaufen sie schließlich als Sekundärrohstoff an die plastikverarbeitende Industrie. In dieser zentralen Funktion sind sie ein entscheidender Faktor bei der Etablierung eines hochwertigen Recyclings, das sich Schritt für Schritt in Richtung eines geschlossenen Wertstoffkreislaufes weiterentwickelt.
Der Grüne Punkt etwa arbeitet seit 2012 mit unserem Gründungsunternehmen Werner & Mertz und dem Verpackungshersteller Alpla zusammen. Unter dem Dach der Recyclat-Initiative entwickeln sie nachhaltige Verpackungskonzepte, die auf das Material aus dem Gelben Sack zurückgreifen. Dabei entstand das hochreine Recyclat Systalen Primus Granulat HDPE, das Werner & Mertz für die Flaschen seiner Reinigungsmittel einsetzt.
Seit 2016 stellt der Mainzer Öko-Pionier seine transluzenten Reinigerflaschen zu 100 Prozent aus diesem HDPE-Recyclat her. Im gleichen Jahr erhielten die Flaschen den Deutschen Verpackungspreis in Gold, weil mit ihnen nach Ansicht der Jury eine echte Recycling- und Kreislauffähigkeit erreicht wurde.
Ein Jahr später ging der Preis erneut an Werner & Mertz, diesmal für die grünen Klappdeckelverschlüsse der Froschreiniger-Flaschen, die zu 100 Prozent aus Polypropylen (rPP) bestehen. Das Recyclat lieferte erneut der Grüne Punkt. Seit 2019 bestehen auch die hellen Duschgelflaschen der Marke Frosch komplett aus dem HDPE-Recyclat des Grünen Punktes. Ein echte Pionierleistung: Erstmals wird zu 100 Prozent Altplastik aus der Quelle Gelber Sack in der Verpackung von Kosmetikprodukten verwendet.
Um die wertvolle Arbeit der dualen Systeme zu unterstützen, müssen wir zuallererst unseren Müll richtig trennen. Verbraucher wissen oft nicht, was in die Wertstoffsammlung des Gelben Sacks gehört, und was nicht. Häufig landen Steine, kleine Motorteile, Fahrradfelgen, Einwegrasierer, Spritzen und sogar benutzte Windeln auf den Förderbändern der Sortieranlagen. Solche Fehlwürfe stören die sensible Technik der Anlagen. Ihretwegen ist mehr Aufwand nötig, um den Materialstrom auf dem Band in wiederverwertbare Materialgruppen zu zerlegen. Als Resultat wird weniger Plastikmüll zu neuen Produkten verarbeitet, denn was die Anlagen nicht erfassen und zuordnen können, wird verbrannt.
Außerdem bestehen viele Verpackungen aus mehreren Materialien, beispielsweise Pappe, Plastik und Alufolie. Sofern möglich, sollten wir diese Komponenten schon bei der Entsorgung trennen: Plastik und Aluminium in den Gelben Sack, Papier und Pappe in die Altpapiertonne.